HISTORISCHER AUGENBLICK

Willkommen auf dem Blog des Instituts für Geschichtsdidaktik und Public History der Eberhard Karls Universität Tübingen!


Ein Blog für Studierende, Lehrende und kritische Köpfe, die Geschichte nicht nur in Archiven und dicken Büchern, sondern auch im Hier und Jetzt suchen. Menschen, die Interesse daran haben, sowohl Krater als auch zarte Pinselstriche der historischen Vergangenheit in der Gegenwart zu erkunden. Studierende und Dozent*innen der Geschichtswissenschaft haben sich in Lehrveranstaltungen auf Spurensuche begeben - hier präsentieren sie ihre vielfältigen Ergebnisse.


AKTUELLE BEITRÄGE

Was die Dichter aber stiften, entscheidet der Staat! Schlussstrichdenken in der Hölderlingesellschaft (1/2)

von Wilhelm Röper

Die Rezeption des Tübinger Dichters Friedrich Hölderlin (1770–1843) veränderte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Hölderlin wurde von einem verträumten Romantiker zu einem Nationsstifter für die Deutschen umgedeutet und erlangte so große Bekanntheit. Diese Mythologisierung des Dichters wurde vom NS-Regime weiter vorangetrieben, sodass 1935 in der Exilzeitschrift Neue Deutsche Blätter die Redaktion kritisch von einer „Annexion Friedrich Hölderlins durch Joseph Goebbels“ sprach. Mit der Gründung der Hölderlingesellschaft am 100. Todestag des Dichters 1943 wurde Joseph Goebbels ihr Schirmherr. Nach ihrer Neugründung 1946 schlug sie zunächst, wie viele Institutionen, den Weg des Verdrängens ein. Die aufgezwungene Aufarbeitung während der Besatzungszeit sollte aufhören und ein „Schlussstrich“ unter die Geschichte gesetzt werden

Fotographie „Tübingen. Partie mit Hölderlinturm.“ (s/w) ca. 1930. Autor unbekannt. © Gebrüder Metz, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.*
Fotographie „Tübingen. Partie mit Hölderlinturm.“ (s/w) ca. 1930. Autor unbekannt. © Gebrüder Metz, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.*

Von einer Professur und einem Kriegsverbrechen - Gustav Rieks Wiedererlangung der universitären Lehrbefähigung

von Lennart Schmarsli

Die NS-Vergangenheit Rieks wurde in der jüngeren Vergangenheit wiederholt behandelt. Neben dem Einsatz von Lagerhäftlingen für seine Grabungen aus dem SS-Sonderlager und späterem KZ Hinzert ist Riek insbesondere eine strafrechtlich nie verfolgte Mitbeteiligung an der Ermordung von bis zu etwa 70 sowjetischen Kriegsgefangenen in ebenjenem Lager anzulasten. Wie Gustav Riek seine Lehrberechtigung wiedererlangen konnte, ist bis dato eher am Rande behandelt worden. Obgleich Gustav Riek vermutlich „der einzige deutsche Prähistoriker war, der in einem Lager Befehlsfunktionen ausübte“, wurde er vom Staatskommissariat für die politische Säuberung Tübingen-Lustnau als Mitläufer eingestuft. Eine solche Einstufung ermöglichte es einigen belasteten Wissenschaftlern auch nach der Entnazifizierung des Lehrkörpers ihre Lehrberechtigung wiederzuerlangen.

Prof. Dr. Gustav Riek (links) bei der durch die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe veranlassten Grabungen am Hohmichele (1936/37). Foto: Siegfried Langwasser. (C) Familie Langwasser, mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.
Prof. Dr. Gustav Riek (links) bei der durch die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe veranlassten Grabungen am Hohmichele (1936/37). Foto: Siegfried Langwasser. (C) Familie Langwasser, mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

Französische Besatzung in Tübingen (2/2). René Cheval: diplomate culturel?

von Josephine Burtey

Um die Entnazifizierungs- und Umerziehungspolitik in der französischen Besatzungszone umsetzen zu können, gründete die französische Regierung die Direction de l’Education Publique (Direktion der öffentlichen Bildung), geleitet von Raymond Schmittlein (1904–1974). Für ihn und viele andere waren die jungen, perspektivlosen Deutschen ein Unsicherheitsfaktor. Daher wurde die Wiedereröffnung der Bildungseinrichtungen des Landes zu einem Hauptziel, auch wenn die notwendigen Entnazifizierungsmaßnahmen noch nicht durchgeführt wurden.

Bild: Manfred Schmid/Hans-Hermann Bennhold, Wiedergeburt des Geistes die Universität Tübingen im Jahre 1945; eine Dokumentation, Tübingen 1. Aufl.1985, S. 149. Format angepasst.
Bild: Manfred Schmid/Hans-Hermann Bennhold, Wiedergeburt des Geistes die Universität Tübingen im Jahre 1945; eine Dokumentation, Tübingen 1. Aufl.1985, S. 149. Format angepasst.

Französische Besatzung in Tübingen (1/2). Französische Kulturpolitik als Werkzeug der Entnazifizierung

von Josephine Burtey

Als die Franzosen Tübingen am 19. April 1945 ohne Kampfhandlungen einnahmen, wurden sie nicht von allen als die ersehnten Befreier begrüßt. Viele Tübinger*innen hatten Angst vor den Kolonialsoldaten, vor Willkür und Gewalt, vor der französischen Besatzungspolitik und vor der unklaren Zukunft Tübingens. Doch bald war klar, dass die französischen Besatzer und ihre Kulturpolitik aus dem Stadtbild nicht so schnell verschwinden würden.

Besuch des Ministers für die französisch besetzten Gebiete M. Schneider, Tübingen 1946. In: Manfred Schmid/Hans-Hermann Bennhold, Wiedergeburt des Geistes die Universität Tübingen im Jahre 1945; eine Dokumentation, Tübingen 1946.
Besuch des Ministers für die französisch besetzten Gebiete M. Schneider, Tübingen 1946. In: Manfred Schmid/Hans-Hermann Bennhold, Wiedergeburt des Geistes die Universität Tübingen im Jahre 1945; eine Dokumentation, Tübingen 1946.

Zusätzliche Angaben zu Bildquellen/ Lizenzen (externe Links):

*Abb. 1: Fotographie „Tübingen. Partie mit Hölderlinturm.“ (s/w) ca. 1930. Autor unbekannt. © Gebrüder Metz, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons. URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:T%C3%BCbingen._Partie_mit_H%C3%B6lderlinturm_(AK_543357_Gebr._Metz_1930er).jpg

 

Das Format der Bilder wurde evtl. angepasst.

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