Evelyn Thumm wechselt für das Masterstudium an die Universität Tübingen und studiert dort Geschichtswissenschaft mit der Profillinie Public History. Im Interview erzählt sie von den Vorteilen dieses praxisnahen Studiengangs und wie sie ihr Pflichtpraktikum beim Deutsch-Amerikanischen Zentrum in Stuttgart bei der Suche nach Orientierung zum Studienende weitergebracht hat.
Erstmal vorweg: Du studierst Geschichtswissenschaft an der Uni Tübingen. Warum hast Du Dich für dieses Studium entschieden und wie bist Du auf die Idee gekommen, ein Praktikum zu machen?
Ich habe mein Geschichtsstudium an der Universität Stuttgart begonnen und habe zum Master an die Universität Tübingen gewechselt – ich bin immer offen für einen Perspektivenwechsel, und dieser hat mir in meiner Studienlaufbahn auch viele neue Möglichkeiten geboten. Für die Profillinie Public History habe ich mich entschieden, da ich vor meinem Ende des Studiums noch mehr Berufserfahrung sammeln wollte und das dreimonatige Praktikum dort fester Studienbestandteil ist. So konnte ich von November 2022 bis Januar 2023 sehr gut erfahren, was mir wirklich zusagt.
Du hast Dein Praktikum beim Deutsch-Amerikanischen Zentrum in Stuttgart gemacht. Wie bist Du auf die Idee gekommen, dort zu arbeiten?
Durch die Arbeit als Historiker*in lernt man schnell, dass man über seine eigene Perspektive hinaus denken muss. Zudem wollte ich über die klassische Museumsarbeit hinaus Erfahrung sammeln. Deshalb war es mir wichtig nach einer binationalen Kultureinrichtung zu suchen, vorrangig natürlich mit englischsprachigen Partner*innen; mein Französisch ist mittlerweile doch etwas eingerostet.
Was genau macht das Deutsch-Amerikanische Zentrum?
Das DAZ ist nach dem Zweiten Weltkrieg ursprünglich als sogenanntes Amerika Haus entstanden. Zu Beginn nur eine Bibliothek, ist das DAZ heute eine Kultur- und Bildungsstätte, die neben Sprachkursen auch Veranstaltungen auf Deutsch und Englisch zu politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Themen anbietet. Auch Kooperationen mit Stiftungen, oder Museen bringen Gemeinschaftsprojekte wie die Sonderausstellung des Hauses der Geschichte in Stuttgart mit Begleitprogramm des DAZ zum Thema „American Dreams. Ein neues Leben in den USA“ hervor.
Welche Aufgaben hast Du während Deines Praktikums übernommen?
Primär habe ich im Kulturprogramm und der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit meinen Einsatz bekommen, wenn Not am Mann* war hingegen auch in Sprachprogramm, Bibliothek und dem Schulprogramm. Durch das kleine Team war die Arbeit stets sehr interdisziplinär. Neben der klassischen Büroarbeit und Recherche konnte ich auch vor Ort bei der Veranstaltungsvorbereitung, -durchführung und -nachbereitung unterstützen. Am meisten Spaß gemacht hat mir die eigenständige Konzeptausarbeitung von möglichen Veranstaltungen zu bevorstehenden Events wie den Black History Month, oder der Kooperation mit dem Haus der Geschichte zu American Dreams.
Du warst damit sowohl praktisch als auch organisatorisch eingebunden. Welche Kompetenzen aus dem Studium konnten Dir in diesem abwechslungsreichen Arbeitsalltag weiterhelfen?
Sobald es ein historisches Thema gab, wurde ich sofort mit eingespannt und nach Mithilfe gefragt. Als Kompetenz aus dem Studium jedoch hat mir selbst vor allem die erlernte Herangehensweise zu Recherchearbeiten geholfen. Darüber hinaus konnte mir die Selbsteinteilung im Studium auch bei der Priorisierung und Strukturierung von Arbeitsaufträgen während des Praktikums behilflich sein.
Deinen geschichtswissenschaftlichen Hintergrund konntest Du also in die Arbeit im Kultursektor einfließen lassen. Gab es denn viele Anknüpfungspunkte zwischen Public History und dem politisch-gesellschaftlichen Ansatz des DAZ?
Auf jeden Fall! Allein schon durch die gemeinsame Geschichte der Zusammenarbeit von deutschen und amerikanischen Partner*innen und die Erinnerungskultur an den Zweiten Weltkrieg. Zudem sind viele aktuelle politische Geschehnisse und Debatten rund um die Wahlen, und zum Zeitpunkt meines Praktikums zu den Midterms, auch unweigerlich historisch geprägt. Darüber hinaus knüpfen auch Kooperationen, wie mit dem Nordamerika Filmfestival, an aktuelle Diskussionen um das Thema Kolonialismus und den Umgang mit kolonialer Geschichte an.
Hast Du dafür ein inhaltliches Beispiel?
In Bezug auf die Erinnerungskultur konnten wir eine Filmvorführung mit anschließender Diskussion mit den Filmemacher*innen bieten. Der Dokumentarfilm „Dear Sirs“ beleuchtet den Aspekt einer Verknüpfung von kollektivem Gedächtnis mit der eigenen Familiengeschichte – erzählt wird die Reise des amerikanischen Soldaten Silvio Pedri, indem sein Neffe seinen Weg mit dem Fahrrad durch das heutige Frankreich und Deutschland nachradelt. Aber auch die Diskussion im Rahmen des Nordamerika Filmfestivals diente ganz ihm Rahmen des Geschichtswissenschaftlers zum Aufwerfen von Fragen zur kolonialen Geschichte und unserem heutigen Umgang mit ihr in Form von Kultur, Sprache und gesellschaftlicher Akzeptanz.
Die Arbeit im DAZ hat Dich damit auch spezifisch für Dein Studium weitergebracht. Würdest Du den Erfahrungszuwachs durch ein Praktikum also insgesamt als bereichernd erachten?
Definitiv. Ich konnte meinen historischen Rahmen und die universitäre Arbeitsatmosphäre um einiges an Erfahrung erweitern.
Das war’s schon. Vielen Dank für das Interview!
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