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Ausstellung: Welterbe des Mittelalters. 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau – 1300 Jahre in 3 Kirchen und einer Schatzkammer vor Ort (2/2)


Die Klosterinsel Reichenau, auf der der Wanderbischof Pirmin (um 670 bis 753) im Jahre 724 das erste dortige Kloster gründete, ist für ihre jahrhundertelange Geschichte und europaweite Bedeutung bekannt. Anlässlich des Jubiläums der Klostergründung vor 1300 Jahren findet in Konstanz vom 20. April bis zum 20. Oktober 2024 die Ausstellung „Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz (Teil 1) statt. Mit dem Wissen aus der Ausstellung in Konstanz kann man sich anschließend auf die Reichenau begeben und 1300 Jahre vor Ort erleben.

 

St. Peter und Paul (Reichenau-Niederzell). Bild: Maren Brugger.
St. Peter und Paul (Reichenau-Niederzell). Bild: Maren Brugger.

Basilika St. Peter und Paul

Von Konstanz kann man ganzjährig mit dem Inselbus oder im Sommer mit dem Fahrrad die Insel erkunden – völlig egal in welcher Abfolge. Startet man am nordwestlichen Ende bei St. Peter und Paul (Niederzell), gelangt man  über das Münster mit Schatzkammer und Museum (Mittelzell) bis St. Georg (Oberzell) und kann unterwegs von den vielfältigen kulinarischen Angeboten der Gemüseinsel profitieren.

Mit der 799 geweihten und zweitältesten Kirche der Insel, der Basilika St. Peter und Paul, erwartet die Besucher*innen eine dreischiffige Basilika mit zwei Türmen und Malereien aus dem frühen 12. Jahrhunderts, die um 1750 im Rokoko-Stil umfassend neugestaltet worden ist. An die Basilika grenzt ein kleiner, frei zugänglicher Ausstellungsraum, der den Ort mit der 1300-jährigen Geschichte in Verbindung setzt. Sie stellt die Geschichte der Insel als Ruhesitz für Bischöfe sowie den künstlerischen Zusammenhang mit der Lombardei her. Weiter wird auf die verbrüderten Mönche eingegangen und eine Brücke zur Gegenwart geschlagen, mit der Reichenau als Gemüseinsel und maritimem Lebensraum. Objekte und Schriften informieren  über den Kirchen(auf-)bau und tragen zum Gesamtverständnis über die Bedeutung der Kirche auf der Reichenau bei.

 

Das Münster St. Maria und Markus (Reichenau-Mittelzell). Bild: Maren Brugger.
Das Münster St. Maria und Markus (Reichenau-Mittelzell). Bild: Maren Brugger.

Münster St. Maria und Markus, Schatzkammer und Museum

Auf der Inseltour ist es von Niederzell nicht weit bis zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Münster St. Maria und Markus in Mittelzell. Hier  wurden die in ganz Europa berühmten und heute teilweise zum Weltdokumentenerbe zählenden Handschriften der Reichenau hergestellt. Das von innen fast schon bescheiden wirkende Münster beherbergt neben der Heilig-Blut-Reliquie in der Schatzkammer zahlreiche Reliquien und andere Zeugnisse der Klostergeschichte, die man unbedingt besichtigen sollte – Vorsicht: die Schatzkammer ist zwar täglich geöffnet, macht aber von 12-15 Uhr Mittagspause. Wer keine Führung gebucht hat, aber mehr über die Reliquien erfahren möchte, kann die kostenlose App zur Ausstellung downloaden und hat dadurch einen informativen Audioguide mit hochauflösenden Bildern. Unter anderem kann man dort den Markusschrein bestaunen, der auf vergoldetem Silber Szenen aus dem Leben Jesu, der Passion und Auferstehung zeigt. Der Überlieferung nach sind in dem Schrein die Überreste des Evangelisten Markus aufbewahrt – der Schrein in Form eines Hauses dient als Symbol für die ewige Ruhestätte. Nicht nur Reliquien, sondern auch weltliche Schätze

Abb. 1: Interaktive Karte in der Ausstellung © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck.
Abb. 1: Interaktive Karte in der Ausstellung © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck.

wie der ‚Sogenannte Smaragd‘ zeugen von den engen Beziehungen, die das Kloster seit jeher zu den Mächtigen  hatte. Der ‚Smaragd‘ soll dem Kloster von Kaiser Karl dem Großen geschenkt worden sein und wird bei Prozessionen mit den Gebeinen des Hl. Markus über die Insel getragen. Obwohl seit dem 17. Jahrhundert bekannt ist, dass es sich lediglich um grünes Glas handelt, zieht der ‚Smaragd‘ seit Jahrhunderten ununterbrochen Besucher*innen von nah und fern an – das belegen auch über 25 mittelalterliche Graffiti auf dem Exponat.

Das wenige Gehminuten entfernte Museum zum Kloster bietet einen multimedial gestalteten Überblick über das Klosterleben, die Reichenau sowie die Herstellung von Handschriften als zentrale Aufgabe der Mönche. Wer bereits in der Ausstellung im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz war, wird einiges wiedererkennen, kann aber  sein  Wissen  mit  dem  Erlebten  vor  Ort  verknüpfen,  so  wird  auf 

Abb. 2: Spacebook Handschriften-Produktion © Badisches Landesmuseum.*
Abb. 2: Spacebook Handschriften-Produktion © Badisches Landesmuseum.*

die „Visio Wettini“ des Abts Walahfrid Strabo eingegangen. Verschiedene Möglichkeiten und mediale Zugänge sind verfügbar: sie reichen von einer interaktiven Karte der Reichenau (Abb. 1) über das Spacebook Handschriften-Produktion (Abb. 2), eine „Riechstation“ aus dem Klostergarten sowie verschiedenes Glockengeläut bis hin zu Schubladen mit weiterführenden Informationen zu den ausgestellten Faksimile.

Die vielen medialen Angebote und die etwas lang ausgefallenen audiovisuellen Inhalte überfrachten die Ausstellung etwas. Das mag Besucher*innen, die mit Kloster oder Mittelalter nicht vertraut sind, überfordern, bietet gleichwohl aber auch die Gelegenheit, komplexe Zusammenhänge leichter zu verstehen.

St. Georg (Reichenau-Oberzell). Bild: Maren Brugger.
St. Georg (Reichenau-Oberzell). Bild: Maren Brugger.

St. Georg – die Kirche der Wandmalereien

Die dritte romanische Kirche St. Georg befindet sich in Oberzell und kann aus konservatorischen Gründen aktuell nur im Rahmen einer öffentlichen Führung (täglich um 11, 13 und 16 Uhr) besichtigt werden. Wem dies nicht möglich ist, kann aber in einem Ausstellungraum unweit der Kirche hochauflösende Bilder der Malereien bewundern und erfährt mehr über die Symbolik der „Kirche der sprechenden Bilder“, die Kirchengeschichte sowie die Reliquie des Hl. Georg. Besonders beeindruckend ist der Innenraum der Kirche, der in alle Richtungen mit zusammenhängenden Wandmalereien geschmückt ist.

 

Abb. 3: Die App zur Ausstellung. (C) Badisches Landesmuseum.*
Abb. 3: Die App zur Ausstellung. (C) Badisches Landesmuseum.*

App und Katalog runden die Ausstellung ab

Wer weder nach Konstanz noch auf die Reichenau kommen kann, dem steht die kostenlose App „Reichenau“ des Badischen Landesmuseums (Abb. 3, auch als Audioguide und Orientierung vor Ort empfehlenswert) zur Verfügung. Aufgeteilt in die Sektionen Konstanz und Reichenau, enthält die App sowohl Touren für Familien oder verschiedene Schwerpunkte, kann aber auch über die Kartenfunktion für weiterführende Informationen zu einzelnen Orten genutzt werden. Ferner bietet sie die vollständige Ausstellungstour mit Objekttexten und Zusatzmaterial in einer Mediathek. So können neben Video, Audio, Texten und Podcast in den Galerien die verschiedenen Prachthandschriften und Sehenswürdigkeiten der Reichenau mit Beschreibung der dargestellten Szenen Seite für Seite durchgeklickt werden.

Wer Papier bevorzugt, findet im Ausstellungskatalog ein sehr gut strukturiertes und reichlich bebildertes Begleitwerk in einem ansprechenden Design. Auch hier gelingt es dem Team des Badischen Landesmuseums unter der Leitung von Prof. Dr. Eckart Köhne (Direktion und Gesamtleitung) und Dr. Olaf Siart (Wissenschaftliche Projektleitung und Konzeption des Begleitbandes) ein übersichtlicher, aber dennoch detaillierter und informationsreicher Katalog, der keine Wünsche offenlässt.

 

Fazit

Das Gesamtkonzept der Ausstellung in Konstanz und den Kirchen auf der Reichenau bietet für jede*n einen Anknüpfungspunkt, unabhängig von Beruf, Alter und Interesse. Die einzigartige Ausstellung in Konstanz lohnt sich in jeglicher Hinsicht allein aufgrund der einzigartigen Zusammenstellung an Objekten und Handschriften, welche so bald nicht wieder in dieser Konstellation auftreten werden. Wer es nicht mehr schafft, die Ausstellung zu besuchen, sollte unbedingt einen Blick in die App oder den Ausstellungskatalog werfen.

Ein Besuch auf der Reichenau lohnt sich in jedem Fall. Auch unabhängig von der Ausstellung in Konstanz geben die Kirchen in ihrer geografischen Nähe einen guten Einblick in die Kloster- und Inselgeschichte der Reichenau und weit darüber hinaus. Ganz unabhängig von ihrem 1300-jährigen Jubiläum ist ein Besuch der Reichenau immer eindrücklich, zumal die kleinen Ausstellungen auf der Insel auch über den Abschluss der großen Landesausstellung hinaus bestehen bleiben.

 

Ein Beitrag von Lea Schnabel und Maren Brugger


Informationen rund um die Ausstellung:

- Ausstellungsdauer: 20.04 bis 20.10.2024

- Ort: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Benediktinerplatz 5, 78467 Konstanz

- Öffnungszeiten: Montag geschlossen, Dienstag bis Sonntag und Feiertage: 10 bis 18 Uhr

- Eintrittspreise: 14 Euro (ermäßigt 11 Euro), Kinder 6-17 Jahre: 5 Euro, Familien: 33 Euro

- Jubiläumsticket Reichenau: Museum Reichenau, Schatzkammer und Inselbus: 12 Euro (ermäßigt 9 Euro), Kinder 6-17 Jahre: 

   6 Euro

- Kombi-Ticket: Ausstellung in Konstanz, Museum Reichenau, Schatzkammer und Inselbus: 23 Euro (ermäßigt 20 Euro), Kinder

   6-17 Jahre: 11 Euro

- Für Führungen, Informationen und Veranstaltungen auf der Insel Reichenau: www.reichenau-tourismus.de

 

Weiterführende Informationen und Material zur Ausstellung:

- Homepage der Ausstellung: https://www.ausstellung-reichenau.de/ (externer Link)

- Ausstellungsflyer: https://www.ausstellung-reichenau.de/fileadmin/Welterbe_des_Mittelalters_-_Broschuere_WEB.pdf

  (externer Link)

- Begleitband zur Ausstellung: Badisches Landesmuseum, Karlsruhe (Hg.): Welterbe des Mittelalters. 1300 Jahre Klosterinsel

   Reichenau. Regensburg 2024, 591 Seiten: Illustrationen und Karten.

- Tagungsband: Wolfang Zimmermann, Olaf Siart und Marvin Gedigk (Hrsg.): Die Klosterinsel Reichenau im Mittelalter.

   Geschichte, Kunst, Architektur. Regensburg 2024, 351 Seiten, Illustrationen.

- App: „Reichenau. Der Guide zum Welterbe des Mittelalters“, verfügbar im PlayStore und App Store.

- Podcast: „Mönchsgeflüster – Klostergeschichten aus dem Mittelalter“, vgl. Homepage: https://www.ausstellung-reichenau.de/#c16136 (externer Link)

- Weitere Korrespondenzausstellungen in Karlsruhe, vgl. Homepage: https://www.ausstellung-reichenau.de/#c15725

  (externer Link) und Konstanz (Familienausstellung), vgl. Homepage: https://www.ausstellung-reichenau.de/#c15990

  (externer Link)

 

*Bilder aus dem Pressedossier der Sonderausstellung:

- Abb. 1: Interaktive Karte in der Ausstellung © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck.

- Abb. 2: Spacebook Handschriften-Produktion © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck.

- Abb. 3: Inselerlebnis per App, Reichenau - Der Guide zum Welterbe des Mittelalters: Der perfekte Ausstellungsbegleiter mit Rundgängen, historischem Hörspiel und Klosterleben im Mittelalter. Kostenfreier Download für Android und iOS: www.ausstellung-reichenau.de © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck.


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Hier geht es zu Teil 1 der Rezension:

Bild: Maren Brugger.
Bild: Maren Brugger.

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Bild: Max Witzler.
Bild: Max Witzler.

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Kommentare: 1
  • #1

    Hrvojka Paljan (Freitag, 01 November 2024 11:41)

    FANTASTISCH

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