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Podcast - Was die Dichter aber stiften, entscheidet der Staat! Schlussstrichdenken in der Hölderlingesellschaft (2/2)


Lesen Sie hier Teil 1 des Beitrags

 

Unter dem Schutz Joseph Goebbels und unter der Leitung des Gaupropagandaamts wurde am 7.6.1943 die Hölderlin-Gesellschaft gegründet. Mit einer beliebten Ausgabe von Gedichten Hölderlins für Soldaten versuchte sie deren Widerstandskraft zu stärken, wurde aber 1946 verboten. Nach ihrer Neugründung schlug sie zunächst, wie viele Institutionen, den Weg des Verdrängens ein. Die aufgezwungene Aufarbeitung während der Besatzungszeit sollte aufhören und ein „Schlussstrich“ unter die Geschichte gesetzt werden. Der thematisch zum Podcast passende Blogbeitrag vermittelt einen Überblick über die NS-Geschichte der Hölderlin-Gesellschaft und darüber, wie sie in der Nachkriegszeit mit dieser Vergangenheit umging. In einem Gespräch erörtern Frau Dagmar Waizenegger, Leiterin des Fachbereichs Kultur der Stadt Tübingen und der Autor des Blogbeitrags, Wilhelm Röper, wie die Deutung Hölderlins seit der Besatzungszeit verändert wurde:

Dagmar Waizeneger M.A. ist die Leiterin des Fachbereichs Kunst und Kultur der Stadt Tübingen. Zum Fachbereich gehören u.a. das Stadtarchiv und die städtischen Museen, darunter auch das Museum im Hölderlinturm. Die NS-Erinnerungskultur ist ein wichtiger Teil der Arbeit des Fachbereichs, zuletzt sichtbar in der Einsetzung einer Kommission von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Aufarbeitung von kritischen Straßennamen. Zum Aufgabengebiet des Fachbereichs gehört auch die Beschäftigung mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in Tübingen und ihrer Einbindung in die Strukturen des NS-Staates, darunter auch die 1943 gegründete Hölderlin-Gesellschaft. Eine Ausstellung zu diesem Thema im Hölderlinturm ist geplant.

 

Der Master-Student Wilhelm Röper setzte sich bereits während seiner Tätigkeiten beim Museum im Hölderlinturm mit der Geschichte der Hölderlin-Gesellschaft auseinander und wirkte bei der Vorbereitung der geplanten Ausstellung mit. Während eines Lehrforschungsprojekts des Instituts für Fachdidaktik und Public History an der Universität Tübingen unter der Leitung von Dr. Barbara Hanke setzte er sich mit der Aufarbeitung der NS-Geschichte der Hölderlingesellschaft auseinander.

 

In einem 40-minütigen Gespräch erörtern die Leiterin des Fachbereichs Kunst und Kultur der Stadt Tübingen und der Autor des gleichnamigen Blogbeitrags die Geschichte der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Hölderlin-Gesellschaft. Zum einen werden die strukturellen und personellen Veränderungen und Kontinuitäten hervorgehoben, die dazu dienen sollten, die Gesellschaft von innen heraus zu verändern. Zum anderen werden die verschiedenen Akteure besprochen, die bis in die 1990er Jahre hinein für eine Abkehr von alten Deutungsmustern des dichterischen Werks Hölderlins kämpften und den Dichter mit neuen Interpretationsansätzen zugänglich machten.

 


Beiträge aus dem Lehrforschungsprojekt:

1.  NS-Diskurse und „1968“ in Tübinger Studentenverbindungen – Wege zu neuem Selbstverständnis. Teil 1: Luginsland. Wo sich NS- und Reformdiskurs treffen (Vera Brillowski)

2.  NS-Diskurse und „1968“ in Tübinger Studentenverbindungen – Wege zu neuem Selbstverständnis. Teil 2: Normannia. Zeitfenster der Liberalisierung? (Vera Brillowski)

3.   Professoren im Zwielicht: Studentische Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit (Patrick Schmitt)

4.  Französische Besatzung in Tübingen (1/2) – Französische Kulturpolitik als Werkzeug der Entnazifizierung (Josephine  Burtey)

5.    Französische Besatzung in Tübingen (2/2) – René Cheval: diplomate culturel? (Josephine Burtey)

6.    Gustav Rieks Wiedererlangung der venia legendi (Lennart Schmarsli)

7.    Was die Dichter aber stiften, entscheidet der Staat! Schlussstrichdenken in der Hölderlingesellschaft (1/2) (Wilhelm Röper)

8.   Podcast - Was die Dichter stiften, entscheidet der Staat! Schlusstrichdenken in der Hölderlingesellschaft (2(2) (Wilhelm Röper)

9.     Karl Fezer: ein umstrittener Stiftsephorus (Richard Kneer)

10.   Krieg! … in der Leserbriefspalte? Veteranenkult in Tübingen nach 1945 (Marcel Alber)

 

Abbildungsverzeichnis

Fotographie „Tübingen. Partie mit Hölderlinturm.“ (s/w) ca. 1930. Autor unbekannt.

© Gebrüder Metz, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons.

 

Literatur

Kahlefendt, Nils: „Im vaterländischen Geiste ...“. Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe und Hölderlin-Gesellschaft (1938–1946). In: ders. u.a.: Hölderlin entdecken. Lesarten 1826–1993, Tübingen 1993, S. 115–158.

Kurz, Gerhard: Hölderlin 1943. In: ders./Härtling, Peter: Hölderlin und Nürtingen, Stuttgart 1994, S. 103–128.

Lawitschka, Valerie: Hölderlin-Gesellschaft e. V. In: Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften (Hg.): Literarische Gesellschaften in Deutschland: Ein Handbuch. Berlin 1995, S. 154–165.


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(C) Fotograf Siegfried Lauterwasser. Die Nutzungsrechte: Familie Lauterwasser. Mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.
(C) Fotograf Siegfried Lauterwasser. Die Nutzungsrechte: Familie Lauterwasser. Mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.
Manfred Schmid/Hans-Hermann Bennhold, Wiedergeburt des Geistes die Universität Tübingen im Jahre 1945; eine Dokumentation, Tübingen 1. Aufl. 1985, S. 92. Format angepasst.
Manfred Schmid/Hans-Hermann Bennhold, Wiedergeburt des Geistes die Universität Tübingen im Jahre 1945; eine Dokumentation, Tübingen 1. Aufl. 1985, S. 92. Format angepasst.
Programm „Ringvorlesung: Das deutsche Geistesleben und der Nationalsozialismus“, in: UAT 197/9. Bild im Format angepasst.
Programm „Ringvorlesung: Das deutsche Geistesleben und der Nationalsozialismus“, in: UAT 197/9. Bild im Format angepasst.
Bild: (C) Vera Brillowski.
Bild: (C) Vera Brillowski.
Bild links: (C) Verlag Peter Lang. Bild rechts: Fotografie von Bastian Wade.
Bild links: (C) Verlag Peter Lang. Bild rechts: Fotografie von Bastian Wade.

 

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