Die Sonderausstellung „Stuttgart – Stadt der Könige“ im StadtPalais Stuttgart zeigt die Transformation Württembergs von einem absolutistischen Staat bis hin zum Verfassungsstaat. Dabei handelt es sich um den dritten Teil der Sonderausstellungsreihe „Stuttgarts Geschichte in 100 Objekten“. Eingebettet in KI-generierte Raumbilder präsentiert das StadtPalais 25 Objekte aus der Zeit von 1718 bis 1918.
Zugänge, Konzept und Themen
Die Ausstellung „Stuttgart – Stadt der Könige“ ist durch die gut sichtbare Nummerierung sowie die eindeutige Raumführung klar strukturiert. Jedes der 25 Objekte bildet eine Station, die Themen wie u. a. Weinbau, Religion, Handwerk, Kunst und Kultur, das Verhältnis von Stadt, Bürgern und Herrschern, Teilhabe, Demokratie, Antisemitismus und Kolonialismus behandelt. Dabei steht das jeweilige Objekt im Zentrum und wird von den KI-generierten Raumbildern in Szene gesetzt. Die KI-Bilder wurden ausgehend von originalem Bildmaterial erstellt.[1] Dies geht allerdings nur aus dem Pressedossier sowie aus dem Social Media-Auftritt hervor. Dort wird der Einsatz von KI zudem kritisch hinterfragt und zur Diskussion gestellt[2], in der Ausstellung selbst wird dies nicht thematisiert. Auch auf dem Boden sind jeweils zu den Raumbildern passende „Böden“ zu sehen, wodurch das visuelle Einfühlen in den „Raum“ erleichtert wird. An jeder Vitrine ist die Stationsnummer sowie ein kurzer Einführungstext (auf Deutsch) zu lesen. Die eigentlichen Informationen erfolgen per Audioguide. Dieser wird den Besuchenden kostenfrei zur Verfügung gestellt und ermöglicht auch einen Rundgang auf Englisch. Alternativ kann der Audioguide über das eigene Smartphone und die kostenlose App des StadtPalais als Audio oder Text abgespielt werden, was ein wiederholtes Anhören ermöglicht. Die Audioversion beinhaltet jedoch im Gegensatz zum reinen Text für jedes Objekt einen historisch-fiktionalen Dialog, der die Hörenden auf das Objekt und die damit verbundene Geschichte einstimmt und beides miteinander zu verbinden versucht.
KI-generierte Raumbilder als Chance?
Durch den ästhetisierten Zugang zu Geschichte durch die Objekte und die KI-generierten Raumbilder ist die Ausstellung nicht textlastig, das Wissen wird über den Audioguide – oder wenn man möchte auch über die Textversion – vermittelt, wodurch die Objekte und die Raumbilder noch stärker im Fokus der Betrachter liegen. Die Bilder sind im Raum meist auf zwei Wände verteilt, können auf dem Audioguide bzw. in der App aber nochmals in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Dass die Bilder mit KI generiert wurden, fällt dem aufmerksamen Betrachter auf – dies hindert die Besuchenden jedoch nicht daran, sich in die jeweilige räumliche Situation des Objekts hineinzuversetzen. Manche Raumbilder scheinen jedoch von den dargestellten Räumen etwas weiter entfernt zu sein: So gleicht Württemberg bei der 10. Station mehr einem Märchenwald und das Raumbild der Grabungsfunde vom Seelberg lässt eher Assoziationen zu einer Grabung im Mittelmeerraum aufkommen als einer Grabung im Jahr ohne Sommer in Bad Cannstatt. Auf dem Wandbild zur Zeichnung von Klaus Dollinger wirkt Königin Olga (oder die dargestellte Adlige) eher wie eine Angehörige einer asiatischen Dynastie. Nicht immer passen die Raumbilder zu dem Objekt, das sie eigentlich in Szene setzen sollen. So steht z. B. der Stuhl aus der Villa Siegle vor dem Raumbild der Villa, was zum fiktionalen Dialog passt, aber keinen Bezug zum Objekt hat, da es die Außenansicht der Villa zeigt. Dennoch stimmen die KI-Bilder – unabhängig von ihrer historischen Korrektheit – die Betrachtenden auf die Umgebung des Objekts ein und sind ein zentraler Bestandteil der Ausstellung, die auf Flyern explizit mit der Einbindung von KI wirbt: „Historische Objekte mit KI beeindruckend in Szene gesetzt!“
Orientierung in der Zeit und Hintergrundwissen
Auch wenn den Besuchenden ein beeindruckender visueller Zugang angeboten wird, fehlt es in der Ausstellung mitunter an der Verortung in der Zeit. Für alle Besuchenden ohne weitreichendes landeskundlichen Vorwissen wäre beispielsweise ein Zeitstrahl, den man z. B. auf dem Boden anbringen und der als Verbindung zwischen den Objekten dienen könnte, wichtig für das Grundverständnis. Ebenso hilfreich wäre eine Stammtafel sowie je ein (Herrscher-)Bildnis der württembergischen Könige, zumal die Ausstellung mit den Herzögen beginnt. Zudem kommen die Könige nicht immer in chronologischer Reihenfolge vor, sondern werden mitunter – je nach Objekt und Thema – mehrfach genannt. Das vom StadtPalais auf der Homepage präsentierte Video (externer Link, YouTube) könnte dies z. B. durch eine Einbindung in den Audioguide leisten, da es die Herrscherbilder zeigt und die Namen mit der Regierungszeit in chronologischer Reihenfolge nennt. Dies könnte vor allem im Hinblick auf das Ende der Ausstellung wichtig sein: Die Monarchie endet bei der vorletzten Station, im Ersten Weltkrieg. Die letzte Station mit Robert Bosch durchbricht jedoch diese Chronologie, da thematisiert wird, dass Bürger wie Bosch die Stellung des Königs um die Jahrhundertwende ins Wanken brachten und die Stuttgarter Bürger sich von König und Adel seit dem Ende des 19. Jahrhunderts lossagen wollten.
Die räumliche Zuordnung fällt nicht immer leicht, weil eine Karte der genannten Orte fehlt. Man könnte etwa auf der Vitrine mit dem beeindruckenden Stadtmodell der Familie Weingand Fähnchen oder Kennzeichnungen anbringen, damit auch die weniger ortskundigen Besuchenden alle im Audioguide genannten Orte leicht wiederfinden können. Einen räumlichen und zeitlichen Überblick können die KI-generierten Bilder allein mit dem Audioguide und dem Objekt an sich nicht leisten. Grundsätzlich kann nicht bei allen Besuchenden vorausgesetzt werden, dass sie historische Fachbegriffe wie „Landstände“, „Reichsdeputationshauptschluss“ oder „Hohe Karlsschule“ kennen. Dafür könnten die fiktionalen Dialoge, die meist stimmungsvoll sind, aber an wenigen Stellen durch laute Hintergrundgeräusche vom eigentlichen Dialog ablenken, an manchen Stationen gekürzt werden, um die Dauer des Rundgangs von ca. 2 Stunden nicht zu verlängern.
Fazit
Die Ausstellung schafft es, ausgehend von jedem der 25 Objekte eine Verbindung zur Geschichte Württembergs und den Herzögen bzw. Königen herzustellen und bietet durch die historisch-fiktionalen Dialoge einen auditiven und durch die Raumbilder einen visuellen Zugang. Anhand der bedachtsam ausgewählten Objekte werden viele Themenbereiche angeschnitten und ein breiter Wissenszuwachs sowie ein Einfühlen in die Zeit ermöglicht, was jedoch noch nachhaltiger wäre, wenn den Besuchenden mehr Kontextwissen geboten würde. Gerade die Könige könnten in einer Ausstellung, die den Titel „Stadt der Könige“ trägt, zu Beginn einzeln gezeigt und mit ihrer Regierungszeit kurz vorgestellt werden, bevor sie in der Ausstellung mehrfach und mitunter von der Chronologie gelöst wiederaufgegriffen werden – zumal die Ausstellung noch mit den Herzögen von Württemberg beginnt. Gerade bei einer Ausstellung, die auf visuelle Elemente setzt und dies auch für die Stadt und die Bürger umsetzt, sollten die Herzöge bzw. Könige nicht völlig außen vorgelassen werden. Die Bildnisse der Herzöge und Könige sind auf den Plakaten und Flyern zur Ausstellung präsent, wohingegen sie in der eigentlichen Ausstellung an keiner Stelle gezeigt werden, wodurch geweckte Erwartungen nicht erfüllt werden.
Die KI-generierten Bilder setzen die Objekte visuell in Szene und bieten eine neue Art des Zugangs, der jedoch kein Selbstzweck und kein bloßer Trend sein darf. Eine anschauliche Verortung in der Zeit und im Raum bleibt jedoch für Interessierte ohne breites Vorwissen unerlässlich, um den Wissenszuwachs auch zeitlich strukturiert zu gestalten und nachhaltig zu festigen. Dafür wäre ein Rahmen nötig, der einen Einleitungstext oder das oben angeführte Video zeigt, um in die Ausstellung einzuleiten und den Besuchenden das Konzept und den Aufbau der Ausstellung vorstellt, sodass diese auch nachvollziehen können, weshalb die Ausstellung „Stadt der Könige“ mit den Herzögen beginnt. Dennoch ist der Ansatz eines Einfühlens in den Raum in Kombination mit historisch-fiktionalen Dialogen gewinnbringend und ermöglicht ein Eintauchen in die Geschichte Stuttgarts.
Ein Beitrag von Maren Brugger und Josephine Burtey
Die Sonderausstellung auf einen Blick:
- Titel: Stuttgart – Stadt der Könige
- Dauer: 20.09.2024–02.02.2025
- Ort: StadtPalais – Museum für Stuttgart, Konrad-Adenauer Straße 2, 70173 Stuttgart
- Öffnungszeiten der Ausstellung: Di-So, 10-18 Uhr
- Eintritt für die Sonderausstellung: 6 Euro, mit gültigem VVS-Ticket/Abo 4 Euro, Eintritt Gruppe: 4 Euro, kostenlos für Schüler*innen, Studierende, Auszubildende, Schwerbehinderte, Geflüchtete und diverse Verbands-/Vereinsmitglieder mit Nachweis.
- Freier Eintritt: Freitag 18-21 Uhr
- App: „Stadtpalais Mediaguide“, kostenlos verfügbar
- Informationen sowie weitere Veranstaltungshinweise auf der Website der Ausstellung: https://www.stadtpalais-stuttgart.de/ausstellungen/stuttgart-stadt-der-koenige (29.12.2024, externer Link)
Nachweise:
Pressemitteilung vom 2.8.2024, URL: https://www.stadtpalais-stuttgart.de/wp-content/uploads/2024/08/Korrektur-LHS-Stadtpalais-Stadt-der-Koenige-Foto-0208-uk.pdf (29.12.2024).
Reel auf dem Instagram-Account des StadtPalais @stadtpalaisstuttgart (16.12.2024), URL: https://www.instagram.com/p/DDpXj8XsR0D/ (02.01.2025, externer Link, evtl. Cookies).
Video zur Ausstellung auf des StadtPalais, URL: https://youtu.be/-WjfPMkzgws (02.01.2025, externer Link, YouTube).
Fußnoten:
[1] Pressemitteilung vom 2.8.2024, URL: https://www.stadtpalais-stuttgart.de/wp-content/uploads/2024/08/Korrektur-LHS-Stadtpalais-Stadt-der-Koenige-Foto-0208-uk.pdf (29.12.2024), S. 1.
[2] Vgl. Reel auf dem Instagram-Account des StadtPalais @stadtpalaisstuttgart (16.12.2024), URL: https://www.instagram.com/p/DDpXj8XsR0D/ (02.01.2025, externer Link, evtl. Cookies).
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