Sie wollen in Ihrem Unterricht historische Quellen digital untersuchen? Dabei wollen Sie die Beobachtungsgabe und die Fähigkeit zur Verschlagwortung Ihrer Schüler*innen möglichst spielerisch fördern? Das Tagging Game auf dem Onlineportal App-in-die-Geschichte.de (externer Link) scheint ideal für diesen Zweck: Benjamin Kaiser hat es getestet.
Beim Tagging Game handelt es sich um eines von drei Teilapplikationen innerhalb der Homepage App-in-die-Geschichte.de (externer Link). Das umfangreiche Projekt wurde bereits 2013 ins Leben gerufen. Rolf Müller, vom Institut für Innovationstransfer- und Projektmanagement, erarbeitete es in Zusammenarbeit mit einem Koblenzer Gymnasium. Nach Angaben der Entwickler zielt das Projekt auf innovatives, historisches Lernen ab. Sowohl privat als auch im Schulunterricht soll dies mit Hilfe von digitalisierten Bildquellen, sowie Geo Tagging gefördert werden.
Das ganze Homepageprojekt App-in-die-Geschichte.de (externer Link) basiert auf einem aus 80.000 Bilddokumenten bestehenden Archiv. Lokale wie auch überregionale Archive haben dem Projekt durch Open Source Lizenzen Unmengen an Bildmaterial zur Verfügung gestellt. Diese können im Rahmen der einzelnen Module mit verschiedensten Ansätzen bearbeitet werden. Allen Modulen gemein ist, dass sie auf ein spielerisches Untersuchen der Bildquellen abzielen. Im Einzelspielermodus lassen sich die Module über die Startseite der Homepage direkt aufrufen. Bespielbar hingegen sind sie nur, wenn man sich vorab kostenlos mit seiner Emailadresse, einem Benutzernamen sowie einem Passwort registriert. Oben wurde bereits angedeutet, dass das Projekt App-in-die-Geschichte.de (externer Link) mitunter für den schulischen Einsatz konzipiert wurde. Neben dem Einzelspielermodus besteht die Möglichkeit, einen „Lehrerzugang“ zu generieren. Ausgewählten Schüler*innen werden darin Bildquellen zur Verfügung gestellt, die sie dann über das Onlineportal bearbeiten bzw. untersuchen können. Hierzu sollen sie die unterschiedlichen Module verwenden. Die Lehrkräfte sind befähigt, die Schüler*innen über deren Emailadresse in sogenannte „Lerngruppen“ hinzuzufügen und mit ausgewählten Bilddokumenten auszustatten. Der Lehrerzugang bietet den Vorteil, dass Inhalte vorab vorbereitet und einer ausgewählten Gruppe an Schüler*innen zur Verfügung gestellt werden kann. Neben der Auswahl an Bilddokumenten aus dem Onlinearchiv besteht auf dieser Ebene auch die Möglichkeit, eigene digitale Bilddokumente hochzuladen. Meines Erachtens ist die technische Realisierung des Lehrerzugangs für den schulischen Kontext von den Entwicklern gut umgesetzt worden.
Zur Qualität der bereitgestellten Bilddokumente
Das Projekt App-in-die-Geschichte.de (externer Link) basiert auf einem sehr breiten, digitalen Bildquellenfundament. Für den Einsatz im Rahmen der jeweiligen Module ist dies aber nicht besonders hilfreich. Sämtliche Bildquellen werden unkommentiert und mit sehr knapp gehaltenen Informationen zur Verfügung gestellt. Die Motive zeigen Personen, Orte, Gegenstände oder abfotografierte Dokumente. Diese in einen engeren Kontext zu setzen, gestaltet sich fast unmöglich, da nicht ausreichend Hintergrundinformationen zur Verfügung gestellt werden.
Auswirkungen auf die einzelnen Module: das Tagging Game Modul
Dass die digitalen Bilddokumente kaum in Kontext gesetzt werden können, wirkt sich gravierend auf die Bearbeitung der Inhalte aus. Nimmt man exemplarisch das Tagging Modul in den Blick, können die Nachteile der mangelnden Kontextualisierung aufgezeigt werden. Im Rahmen des Tagging Game Moduls gibt es zwei unterschiedliche Spielermodi. Zum einen den Einzelspielermodus: Bildquellen müssen in diesem selbst ausgewählt und im Rahmen einer begrenzten Zeitvorgabe (eine Minute pro Bilddokument) verschlagwortet werden. Zum anderen die Lerngruppe: Dort werden Bildquellen verschlagwortet, die von der Lehrkraft vorab ausgewählt und bereits bearbeitet wurden.
Im Einzelspielermodus haben Lernende die Möglichkeit innerhalb von einer Minute unbegrenzt viele Schlagworte in das System einzugeben. Nach Ablauf der Zeit wertet das System aus, welche Schlagworte zur Bildquelle passen und vergibt pro Stichwort einen Punkt. Die Punkte werden dann addiert und daraus ein Highscore generiert. Soweit zur Theorie. In der Praxis sieht das ganz anders aus. Beim Ausprobieren des Einzelspielermodus war es unmöglich, überhaupt einen Punkt zu erzielen. Jedes Schlagwort wurde abgelehnt. Das war durchaus frustrierend und sorgte schnell für Lustlosigkeit. Wie sich dies im Rahmen einer Lerngruppe gestaltet, konnte leider nicht getestet werden. Jedoch rechne ich damit, dass es große Anforderungen für die Lehrkraft bezüglich der Vorbereitung mit sich bringen wird. Diese sollte vorab die ausgewählten Bildquellen selbst verschlagworten, damit ein Abgleich möglich ist. Zudem müssten die von den Lernenden eingegebenen Tags auf Richtigkeit geprüft werden. Das Verschlagwortungs-Modul hält, nüchtern gesagt, nicht, was es verspricht. Dadurch, dass im Einzelspielermodus die Erfolgserlebnisse ausbleiben, verliert man recht schnell die Lust am Spiel. Darüber hinaus finde ich, dass das Portal unzureichend und nicht altersgerecht gestaltet wurde. Es ist zwar sehr übersichtlich und leicht verständlich, die Einfachheit macht aber auch einen eher tristen Eindruck. Abschließend lässt sich festhalten, dass das Modul Tagging Game zwar einen interessanten Ansatz darstellt, dieser jedoch noch nicht vollends ausgereift ist.
Eignet sich das Portal mit seinem „Tagging Modul“ für den Einsatz im Unterricht?
Grundsätzlich ist das Onlineprojekt App-in-die-Geschichte.de (externer Link) mit seinem Modul Tagging Game auf den Unterricht ausgerichtet. Für diesen Einsatz eignet es sich jedoch nur bedingt. Ich würde es nur im Rahmen einer von der Lehrkraft gesteuerten Lerngruppe empfehlen. Auf dieser Ebene können die Bildquellen durch die Lehrkraft sorgfältig ausgewählt und bereits vorab verschlagwortet werden. Durch die Vorarbeit wird den Schüler*innen ein Kontext zur Bearbeitung der digitalen Bildquellen geschaffen, den sie zur erfolgreichen Verschlagwortung benötigen. Erfolgserlebnisse werden dadurch erst möglich und eine weitere Auseinandersetzung mit der Thematik wird angeregt. Im Unterricht selbst würde ich das Tagging Game am Ende einer Einheit einbauen. An dieser Stelle übernimmt es indirekt auch eine diagnostische Funktion. Anhand der vergebenen Schlagworte kann die Lehrkraft grob erkennen, wie tief die Schüler*innen eine bestimmte Thematik inhaltlich wie sachlich durchdrungen haben und wo noch Förderungsbedarf besteht. Darüber hinaus eignet sich die Lerngruppe auch, um bestimmte Schlagworte aufzugreifen und im offenen Unterrichtsgespräch zu thematisieren.
Festzuhalten bleibt somit, dass zwar eine fortgeschrittene Schul- und Unterrichtsorientierung im Vergleich zu anderen digitalen Angeboten (z.B. Smartphone Apps) besteht, diese jedoch an eine umfangreiche Vorbereitung durch die Lehrkraft gekoppelt ist. Das Tagging Game selbst hat Potential und der Ansatz ist im Grunde interessant, jedoch ist er nur bedingt ausgereift. In einer Bewertungsskala von 5 Sternen würde ich dem Portal, wie auch dem Tagging Game nur 2 Sterne zugestehen.
Ein Beitrag von Benjamin Kaiser
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