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Ausstellung: 700 Jahre Württemberg und das Elsass im Hauptstaatsarchiv - aus Quellen die gemeinsame Vergangenheit erkunden


Die Ausstellung im Hauptstaatsarchiv lieferte Einblicke in die gemeinsame Geschichte Württembergs und des Elsass. Anlass der Ausstellung ist das 700-jährige Jubiläum des Erwerbs der Grafschaft Horburg und der Stadt Reichenweiher, heute Riquewihr, durch Graf Ulrich III. von Württemberg. Die Ausstellung war vom 27. März bis zum 5. Juli 2024 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart zu sehen. Danach wanderte sie in das württembergische Schloss in Riquewihr und ist seit dem 13. Juli bis zum 13. Oktober 2024 dort zu sehen. Die Ausstellung ist weiterhin durch einen digitalen Rundgang (externer Link) zugänglich.

Durch kostbare und verschiedenste Exponate geht die Ausstellung folgender Frage nach: Was verbindet Württemberg und das Elsass seit 700 Jahren?

 

Abb.1: Die Herzstücke der Ausstellung: Drei Urkunden belegen den Kauf der elsässischen Gebiete. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Zum Vergrößern anklicken.
Abb.1: Die Herzstücke der Ausstellung: Drei Urkunden belegen den Kauf der elsässischen Gebiete. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Zum Vergrößern anklicken.

Aufbau der Ausstellung

Die Ausstellung beginnt mit einer größeren aufgespannten Wand, auf welcher der Titel „Württemberg und das Elsass. 700 Jahre gemeinsame Geschichte” bzw. „L’Alsace et le Wurtemberg. 700 Ans d’Histoire commune“ präsentiert wird. Den Hintergrund bildet eine Karte mit den Umrissen der erworbenen Territorien im Elsass: Reichenweiher und Horburg. Die Ausstellung wurde in deutsch-französischer Zusammenarbeit konzipiert, so dass alle Texte in beiden Sprachen zu finden sind.

Der württembergische Kauf der beiden elsässischen Gebiete wird eingangs anhand verschiedener Urkunden aus den Archives Nationales in Paris greifbar (Abb. 1). Weiter verweisen der Heiratsvertrag

 

Abb. 2: Der klimatisierte Innenraum beherbergt verschiedenste kostbare Ausstellungsstücke. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
Abb. 2: Der klimatisierte Innenraum beherbergt verschiedenste kostbare Ausstellungsstücke. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

für Graf Eberhard IV. und Henriette von Mömpelgard auf den Erwerb Mömpelgards (frz. Comté de Montbéliard). Damit wurden die größeren linksrheinischen Gebiete auf den ersten Tafeln namentlich genannt. Im Fokus stehen die beiden elsässischen Besitztümer Württembergs, aber ein Ausgreifen auf das weiter südlich gelegene Mömpelgard bleibt aufgrund seiner großen Bedeutung nicht aus. Die Besucher*innen werden durch römische Zahlen an den Informationstafeln chronologisch durch die Ausstellung geleitet.

Die meisten Ausstellungsstücke sind aus konservatorischen Gründen in einem separaten abgedunkelten und klimatisierten Raum präsentiert (Abb. 2). Durchschreitet man die Türe, erwartet die Besucher*innen eine hervorragend konzipierte Ausstellung, die auf begrenztem Raum mit einigen hochkarätigen Exponaten glänzen kann.

 

Abb. 3: Die Informationstafeln vermitteln zweisprachig Informationen über Themen wie Dynastie und Religion. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
Abb. 3: Die Informationstafeln vermitteln zweisprachig Informationen über Themen wie Dynastie und Religion. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Zugänglichkeit und Themen

Direkt im Eingangsbereich steht eine Hörstation, an der zwei Personen gleichzeitig Lieder, Briefe und Auszüge aus dem Testament Graf Georgs von Württemberg-Mömpelgard anhören und sich so in diese Zeit zurückversetzen können. Die interessanten Texte sind Zeugen eines kulturellen Austauschs, der zwischen den württembergischen Territorien auf beiden Seiten des Rheins stattfand. Zum Mitlesen und für zusätzliche Informationen zur Entstehung der Texte ist ein kleines Heft neben der Hörstation zu finden. Praktischerweise wurde direkt an der Hörstation eine Bank platziert, die das Hören vereinfacht und vor allem komfortabler macht.

Der Rundgang führt von allgemeineren Themen wie „Dynastie“ und „Religion“ (Abb. 3) zu spezifischen wie „Weinbau und Weinkonsum“. Die auf Tafeln präsentierten Informationen werden durch Bildquellen verdeutlicht und durch die in den Texten angesprochenen Quellentexte untermauert. So findet sich passend zum Bereich „Architektur und Kunst“ eine original erhaltene Bauzeichnung Heinrich Schickhardts (von 1596) zum Schloss in Horburg. Exponate und Basistexte greifen im Bereich „Bildung und Musik“ besonders gelungen ineinander, wenn Passagen der ausgestellten Partitur an der Hörstation bereits wahrgenommen werden können. Die Quellen werden so multidimensional erfahrbar gemacht und ermöglichen einen ganz neuen Zugang zur Geschichte der Musik im Raum zwischen Württemberg und dem Elsass.

Abb. 4: Die Wachsbüste mit Echthaar Herzog Georgs II. von Württemberg-Mömpelgard. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Zum Vergrößern anklicken.
Abb. 4: Die Wachsbüste mit Echthaar Herzog Georgs II. von Württemberg-Mömpelgard. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Zum Vergrößern anklicken.

An der hinteren Wand des Raumes findet sich eine Multimedia-Präsentation, die Bilder zu allen Themen der Ausstellung präsentiert und auf besondere Highlights der Ausstellung verweist – wie etwa eine Wachsbüste mit Echthaar Herzog Georgs II. von Württemberg-Mömpelgard (Abb. 4). Unvermeidlich hierbei sind Doppelungen mit den Texttafeln. Die vorhandenen Lautsprecher werden allein zur musikalischen Untermauerung oder für akustische Gestaltungselemente zum gezeigten Bildmaterial eingesetzt. Bei der Animation eines Weintransportes aus dem Elsass bis in die Residenzstadt Stuttgart ist die auditive Begleitung sehr stimmungsvoll. Eine tiefgründigere Auseinandersetzung mit den frühneuzeitlichen Infrastrukturen findet nicht statt. Es ist aber auch fraglich, ob dieser Ausstellung der richtige Ort dafür gewesen wäre. Stattdessen bietet die Ausstellung mehrere Querschnitte an.

 

Interaktive und technische Elemente

Wer den Rundgang im abgedunkelten Ausstellungsraum beendet hat, sollte noch den Weg zum Bereich gegenüber dem Ausgang suchen. An einem Bildschirm wird die ausgestellte Temperantia Schale erläutert, die im Auftrag Friedrichs I. von Württemberg angefertigt wurde und heute Tennis-Fans als Trophäe im Dameneinzel von Wimbledon bekannt sein dürfte. Ein Multimedia-Tisch gibt Einblicke in die Stadtentwicklung Reichenweihers. Hierbei lässt sich die Stadt leider nicht weiter erkunden, sondern durch Tippen auf bereits gekennzeichnete Elemente können nur weitere Textfenster geöffnet werden. Die Informationen zur Temperantia Schale sind ebenfalls textbasiert und sind in eine Detailaufnahme der Schale eingefügt. Auf einem weiteren Multimedia-Tisch können drei Dokumente, die für die Übernahme Horburgs bedeutend waren, gelesen und vergrößert werden. Zweifellos bieten heutige Multimedia-Tische kreativere Möglichkeiten der interaktiven Gestaltung einer Ausstellung, als sie hier genutzt werden. So könnten die auf dem Stich  markierten Gebäude und Bereiche ich ihrem heutigen Zustand gezeigt und nicht nur vergrößert werden. Zudem wäre es möglich, nach dem Antippen zuerst die Frage zu stellen, worum es sich bei dem Objekt handeln könnte.

Das Ende der Ausstellung bildet eine kurze Zusammenfassung der gemeinsamen europäischen Geschichte seit der französischen Revolution und betont die nach dem Zweiten Weltkrieg gewachsenen Städtepartnerschaften und das Engagement des deutsch-französischen Jugendwerks (DFJW). Die gemeinsame grenzübergreifende Geschichte lebt auch dadurch bis heute weiter.

 

Abb. 5: Der Katalog zur Ausstellung. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
Abb. 5: Der Katalog zur Ausstellung. Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Fazit

Insgesamt bietet die Ausstellung einen umfassenden Überblick über die gemeinsame Geschichte Württembergs und dessen ehemalige linksrheinische Gebiete im Elsass. Hierbei wurde eine Mischung aus allgemeinen Informationen mit spezifischen Inhalten gewählt, die hervorragend durch die Wahl der wertvollen Exponate unterstützt wurde. Für all jene, welche die Ausstellung im Hauptstaatsarchiv verpasst haben und sich für die verwobene Geschichte Württembergs mit den linksrheinischen Gebieten im Elsass interessieren, lohnt sich ein Besuch im ehemalig württembergischen Schloss in Riquewihr umso mehr.

Wer den Weg ins Elsass nicht rechtzeitig findet, sollte die Ausstellung in digitaler Form auf der Website des Hauptstaatsarchivs Stuttgart besuchen. Gerade für landeskundlich Interessierte ist dies eine einfache und zugängliche Art, sich mit der Geschichte Württembergs auseinanderzusetzen. Die Handhabung der digitalen Ausstellung ist intuitiv, wird aber auch schrittweise erklärt. Sowohl die Verfassertexte als auch die Ausstellungsstücke sind in der digitalen Fassung gut lesbar. Selbst die Hörstation ist online abspielbar. Allein der Mediavortrag ist in der digitalen Fassung leider nur in gekürzter Fassung vorhanden, was der Wirkung der digitalen Ausstellung jedoch keinen Abbruch tut. Außerdem können die wichtigsten Informationen im sorgfältig bebilderten Ausstellungskatalog (Abb. 5) nachgelesen werden.

Wer es doch (auch unabhängig von der Ausstellung) ins Elsass schafft, kann dort noch immer den Spuren der württembergischen Geschichte nachgehen und wie die württembergischen Herzöge den elsässischen Wein genießen!

 

Ein Beitrag von Alexander Oltmanns

 


Daten zur Ausstellung:

- Ausstellung im Hauptstaatsarchiv Stuttgart: 27. März bis 5. Juli 2024 oder digitaler Rundgang: https://media.leo-bw.de/media/panoramen/240327_Elsass_d/ (externer Link)

- Ausstellung im Schloss der Herzöge von Württemberg in Riquewihr: 13. Juli bis 13. Oktober 2024

- Ausstellungskatalog: https://shop.verlagsgruppe-patmos.de/wuerttemberg-und-das-elsass-700-jahre-gemeinsame-geschichte-402069.html (externer Link)

- Weiterführende Informationen rund um die Ausstellung sowie Highlights: https://www.landesarchiv-bw.de/de/aktuelles/ausstellungen/76356 (externer Link)

- Version française: https://www.landesarchiv-bw.de/de/aktuelles/ausstellungen/76603 (lien externe)


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